Satire – Denkfaul mit System – Warum denken out ist
Warum denken, wenn man auch fühlen kann? In Zeiten von Schnellwissen und Meinungsinflation wird die geistige Sparsamkeit zum Volkssport. Eine satirische Betrachtung darüber, warum manche klüger sind als andere – und manche einfach effizienter beim Nichtdenken.
Denkfaul mit System – Warum manche Menschen klüger sind als andere
(und andere einfach sparen wollen) – Satirischer Beitrag über geistige Geizhälse
Man muss es neidlos anerkennen: Der Satz „Der Volkssport ‚Geizen‘ hat auch schon beim Denken seine Anhänger gefunden“ ist keine bloße Pointe, sondern ein gesellschaftliches Symptom. Während manche Menschen unermüdlich lesen, reflektieren, diskutieren und sogar überprüfen, was sie für wahr halten, haben andere längst den effizienteren Weg gefunden: nicht denken. Oder besser gesagt – gerade so viel denken, wie nötig, um die eigene Meinung unfallfrei auf TikTok zu verbreiten.
Der Volkssport „Geizen“ hat auch schon beim Denken seine Anhänger gefunden.
Der moderne Homo sapiens teilt sich damit grob in zwei Gruppen: die einen, die ihren Denkapparat benutzen wie ein gut geöltes Schweizer Taschenmesser. Und die anderen, die ihr Gehirn behandeln wie das gute Porzellan: bloß nicht zu oft anfassen, könnte kaputtgehen.
Teil 1: Denken – ein optionales Hobby
Wo früher Wissen Macht bedeutete, reicht heute oft ein gesundes Selbstbewusstsein, gepaart mit WLAN. Denken ist zu einem Hobby geworden, das in etwa denselben Stellenwert hat wie Briefmarkensammeln: nett, aber nicht systemrelevant. Wer zu viel denkt, gilt schnell als verkopft, weltfremd oder (Gott bewahre) „akademisch“.
Warum also denken, wenn man auch fühlen kann? Ein Bauchgefühl ist schneller, billiger und lässt sich deutlich einfacher in einem Instagram-Zitat darstellen. „Ich hab da so ein Gefühl“ ist längst das neue „Ich habe das recherchiert.“ Und wer braucht schon Argumente, wenn man Meinungen haben kann – in allen Farben, jederzeit abrufbar, wie bei einer Streaming-Plattform für Emotionen.
Teil 2: Intelligenz ist keine Frage des Könnens – sondern des Wollens
Lehrerinnen und Lehrer wissen es: Die Unterschiede im Denkvermögen sind oft weniger biologischer als vielmehr motivationaler Natur. Es ist nicht so, dass gewisse Schüler nicht könnten – sie wollen nur nicht. Oder, wie ein Achtklässler einmal formulierte: „Wozu soll ich mir das merken, ChatGPT weiß das eh.“
Tatsächlich leben wir in einer Ära, in der Wissen jederzeit abrufbar ist – was dazu führt, dass man es nicht mehr braucht. Warum Formeln lernen, wenn es Taschenrechner gibt? Warum Bücher lesen, wenn YouTube alles in fünf Minuten erklärt? Warum Zusammenhänge begreifen, wenn ein Influencer die Welt in einem Reel zusammenfasst?
Das Denken wurde outgesourct. Und was man auslagert, verliert man irgendwann.
Teil 3: Geiz ist dumm – pardon, geil
Die Volkswirtschaft des Denkens hat einen dramatischen Wandel erlebt. Früher war geistige Arbeit mit Anstrengung verbunden, aber auch mit Prestige. Heute gilt: Wer zu viel denkt, ist ineffizient. Wer zu viel hinterfragt, ist kompliziert. Wer zu viel weiß, ist verdächtig.
Denkfaule Menschen sind einfach effizienter. Sie sparen Energie, sie laufen weniger Gefahr, sich zu irren (denn sie argumentieren gar nicht erst), und sie sind emotional stabiler – schließlich kann man sich in Widersprüchen nur verheddern, wenn man sie erkennt.
Manche betreiben ihren Denkverzicht sogar mit missionarischem Eifer. Sie posten „Ich vertraue meinem Herzen, nicht den Medien“ und fühlen sich wie Sokrates im Twitter-Zeitalter.
Teil 4: Schule als Feind der Denkökonomie
Die Schule steht diesem Sparmodell im Weg – oder versucht es zumindest. Sie fordert zum kritischen Denken auf, verlangt Quellenangaben, fragt nach Begründungen! Für die Anhänger des Denkminimalismus ist das ein Affront. Warum kann man eine Meinung nicht einfach stehen lassen, wie einen alten Gartenzwerg?
Die Antwort ist einfach: Weil Demokratie, Wissenschaft und Zivilisation auf der Idee beruhen, dass man sich irren könnte. Dass Wahrheit nicht einfach da ist, sondern gesucht werden muss – manchmal gegen Widerstände, manchmal gegen den eigenen Stolz.
Doch dieser Gedanke ist unbequem. Und unbequem ist in einer Komfortgesellschaft eben unpopulär.
Teil 5: Hoffnung durch Irritation
Trotz allem: Es gibt Hoffnung. Denn manchmal reicht ein Satz, eine irritierende Frage, ein unpassendes Argument – und man sieht förmlich, wie es im Gegenüber arbeitet. Manchmal langsam, manchmal knirschend, aber immerhin. Denken ist wie Muskeltraining: es tut weh, bevor es stark macht.
Lehrkräfte sind in dieser Welt nicht nur Wissensvermittler, sondern intellektuelle Fitnesstrainer. Sie fordern nicht nur Wissen ab, sondern fördern das Denken – selbst wenn das Klassenzimmer eher einem geistigen Fitnessstudio mit vielen Couchpotatoes gleicht.
Denkfaul? Wer denkt, gewinnt – langfristig
Natürlich ist es einfacher, sich vom Denken zu verabschieden und in die warme Decke der Meinung zu kuscheln. Natürlich macht es mehr Spaß, in Bestätigung zu baden, als sich mit Widerspruch zu konfrontieren. Aber wer nicht denkt, wird gedacht – von Algorithmen, Ideologen oder der nächsten manipulativen Werbekampagne.
Und so bleibt zu hoffen, dass sich doch noch genug Menschen finden, die bereit sind, den Volkssport „Denken“ wieder populär zu machen. Vielleicht nicht mit Fan-Schals, aber mit Neugier, Skepsis und dem Mut, sich auch mal zu irren.
Denn eins ist sicher: Wer denkt, spart zwar keine Energie – aber sehr oft Blamagen.