Zwei Schafe diskutieren - Eine Form der Bildung und Konversation

Betrachtungen zur Konversation – Reden ist Gold

Konversation – Ein humorvoller Versuch, das Gespräch zu retten.  Manchmal sitzt man in einem Café, nippt an einem zu heißen Cappuccino und lauscht ungewollt dem Dialog am Nachbartisch. Eine Frau sagt: „Und ich so: hä? Und er so: lol.“ Der Gesprächspartner nickt verständnisvoll. Man selbst überlegt, ob man gerade Zeuge einer Unterhaltung oder einer Performance minimalistischer Kommunikationskunst geworden ist.

Konversation – vom Aussterben bedroht

Die Konversation, so scheint es, ist vom Aussterben bedroht. Einst war sie eine hohe Kunstform, ein intellektuelles Tanzvergnügen, bei dem man kluge Sätze wie edle Schuhe vorführte und die Pointe federleicht im Small Talk platzierte. Heute hingegen ist sie oft ein Stolpern über Gesprächsfetzen, ein Murmeln von Halbsätzen, das gelegentlich in ein „Voll krass!“ gipfelt.

Small Talk – das Vorspiel der Zivilisation

Wer glaubt, Small Talk sei sinnlos, hat vermutlich nie versucht, ohne ihn ein Wartezimmer, einen Aufzug oder eine Familienfeier zu überleben. Small Talk ist das verbale Äquivalent zum Händeschütteln: unbedeutend im Inhalt, aber immens bedeutend in der Funktion. Er sagt: Ich sehe dich, ich erkenne deine Menschlichkeit – auch wenn du gerade mit Wollsocken in Sandalen vor mir stehst.

Und dennoch wird er oft geschmäht. Zu banal, zu oberflächlich. Dabei ist es eine Kunst, über das Wetter zu sprechen, ohne dabei ins Schwitzen zu geraten. Man muss die Balance wahren: zwischen „Oh, es regnet“ (langweilig) und „Diese Regenfront erinnert mich an das melancholische Werk eines jungen Tarkowski“ (zu viel, definitiv zu viel).

Das Gespräch als Hochrisikosport

Wirklich gefährlich wird es jedoch bei Gesprächen mit Meinungsanteil. Sobald Sätze mit „Ich finde…“ oder „Meiner Meinung nach…“ beginnen, wird die Atmosphäre spürbar dichter. Denn: Konversation ist heute nicht mehr bloß Austausch, sondern Minenfeld. Wer zu enthusiastisch über vegane Ernährung, das Gendern oder Fußball spricht, riskiert mehr als nur betretenes Schweigen – möglicherweise gleich eine gesellschaftliche Ausladung.

Humor kann helfen, muss aber wohldosiert sein. Der ironische Unterton wird heutzutage oft als feindliche Übernahme des Gesprächsraums empfunden. Sarkasmus gar als Mikroaggression. Und wer eine Metapher bemüht, wird nicht selten verdächtigt, die andere Person mit rhetorischem Nebelgas betäuben zu wollen.

Zuhören – das unterschätzte Sprachwerkzeug

In der Theorie ist ein Gespräch ein Wechselspiel aus Sprechen und Zuhören. In der Praxis ist es oft ein Staffellauf ohne Staffel – jeder rennt los, sobald der andere kurz Luft holt. Zuhören wird verwechselt mit: auf die eigene Sprechpause warten.

Dabei kann Zuhören Wunder wirken. Es ist das freundliche Nicken der Seele, das elegante Rückgrat des Gesprächs. Wer zuhört, beweist Größe, Geduld – und gelegentlich sogar Interesse. Es soll ja Menschen geben, die tatsächlich hören, was der andere sagt. Gerüchteweise leben sie zurückgezogen in Buchhandlungen und benutzen das Wort „bitte“ noch ohne ironischen Unterton.

Konversation – Die Kunst des gepflegten Gesprächs lebt (noch)

Trotz allem ist die Konversation nicht tot. Sie ist nur müde. Müde von Talkshows, müde von Talk-Radio, müde von „lass mal quatschen“-Sprachnachrichten, die länger sind als der „Zauberberg“. Sie wartet auf Wiederbelebung – durch Menschen, die Fragen stellen, Antworten hören, mitdenken, nachfragen und dabei auch mal über sich selbst lachen können.

Reden ist nicht immer Silber, aber oft rettet es Beziehungen, Mittagspausen und manchmal sogar den Tag. Und vielleicht, ganz vielleicht, auch die Welt – oder zumindest das nächste Abendessen.

Wer also das Glück hat, einem guten Gespräch zu begegnen: Festhalten. Mitreden. Weitergeben. Und dabei nicht vergessen: Ein echtes Gespräch ist wie eine gute Geschichte – es lebt von Wendungen, Überraschungen und dem Mut, auch mal zu schweigen.

Zitate zum Thema Konversation

Diese Konversation ermüdet mich, ich bin abgeneigt dies fort zu führen.

Bleib ruhig, ich wollte nur Konversation mit dir betreiben.

„ich bin abgeneigt eurem Ersuchen die Einwilligung zu erteilen … das bedeutet nein“

Wer ein Thema anschlägt, hat damit nur spätere Reparaturprobleme. (Martin Gerhard Reisenberg)

Wenn dein Gesprächspartner dir nicht folgen konnte, heißt das noch lange nicht, daß du Schmarrn gequasselt hast. (Werner Friebel)

Wenn du jemand in gefährliche geistige Gewässer mitnimmst, mußt du auch bereit sein, ihm im Notfall wieder heraus zu helfen. (Werner Friebel)

Das schlimmste sind Unterhaltungen, bei denen trotz vieler Worte Sprachlosigkeit herrscht. (Sigfried Wache)

„Gespräch“ kommt von „sprechen“. Darum gibt es Leute, die meinen, sie müßten nicht zuhören. (Walter Ludin)

Aus den belanglosesten Gesprächen gelangt man meist zu den interessantesten Themen. (Jenny Petalla)

Bei einem argumentationsfreudigen Streitgespräch erreicht der Unterlegene mehr, insofern er etwas dazulernt. (Epikur von Samos)

Lass dich nie auf einen Idioten ein er zieht dich auf sein Niveau herunter und gewinnt Dank seiner Erfahrung!

Wenn wir mit einem Brett vor dem Kopf aufeinander losgehen, dann gibt es ein klapperndes Geräusch, aber keinen Dialog.

Kluge Antwort, dumme Frage – „bla- bla“ nennt man das heutzutage

Aus Mangel an Antwort stirbt unsere Unterhaltung eines natürlichen Todes. (Johann Nepomuk Nestroy)

 

Der Krieg der Worte – Bildung als Provokation

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