Aufschieben ist auch Arbeit

Aufschieben ist auch Arbeit – Die hohe Kunst des Zögerns

Aufschieben ist auch Arbeit – Wichtige Aufgaben delegieren? Besser: verdrängen! Wer aufschiebt, ist nicht untätig – er trainiert Entscheidungskompetenz, Priorisierung und Selbstschutz. Dieses satirische Essay feiert die raffinierte Praxis, Dinge später zu tun. Oder morgen. Oder niemals. Hauptsache beschäftigt.

Es gibt Menschen, die Aufgaben sofort erledigen. Sie sind effizient, zuverlässig und völlig unverdächtig, das Leben zu genießen. Und dann gibt es die anderen – jene, die mit einem vollen Terminkalender auf der Couch liegen, während sie sich intensiv mit der Frage beschäftigen, ob das Wohnzimmer nicht doch umgestellt werden sollte, bevor man endlich die Steuererklärung macht. Willkommen in der Parallelwelt des Aufschiebens – wo nichts erledigt wird, aber alles in Bewegung ist.

Die Kunst der eleganten Vermeidung

Wer aufschiebt, ist nicht untätig – er ist selektiv aktiv. Statt die dringend fällige Präsentation zu beenden, wird plötzlich der Kühlschrank ausgewischt. Statt endlich diesen einen Anruf zu tätigen, wird ein dreistündiges Video über japanische Messerschmiedekunst konsumiert.

Diese Form der Aktivität ist keineswegs ziellos. Sie schafft Ordnung, erweitert den Horizont – und verhindert, dass man sich zu früh festlegt. Immerhin könnten sich die Umstände ja noch ändern. Oder die Aufgabe erledigt sich durch höhere Gewalt. Oder durch jemand anderen.

Prioritäten setzen – aber bitte nicht heute

Aufschieber*innen sind Meister der Mikropriorisierung. Die Steuererklärung ist zwar wichtig, aber bevor man sich ihr widmet, sollte man dringend die Glühbirne im Vorzimmer wechseln. Und der losgelöste Duschvorhang ruft auch schon seit drei Wochen nach Aufmerksamkeit.

Wichtig ist: Immer beschäftigt wirken. Wer sich mit bedeutungslosen Mini-Aufgaben umgibt, schafft den Eindruck unermüdlicher Aktivität – bei gleichzeitigem Totalverzicht auf Relevanz. Das ist kein Zufall, sondern Strategie: Die wirklich wichtigen Dinge liegen schwer im Magen. Und schwere Kost verträgt man am besten später.

Der Kalender als Kunstform

Prokrastination ist auch eine Frage der Ästhetik. Moderne Aufschiebekünstler*innen führen hochkomplexe digitale Kalender, in denen jede Aktivität farblich codiert ist. Die Aufgabe selbst wird dabei regelmäßig verschoben – mit einem Klick, aber mit viel Gefühl.

So wird aus einem einfachen To-do ein Projekt mit Reifezeit. Der Eintrag „Antrag ausfüllen“ wandert elegant durch die Woche, immer um einen Tag nach hinten. Und jeder Tag beginnt mit einem ehrlichen Versprechen an sich selbst: „Morgen. Ganz sicher morgen.“

Das schlechte Gewissen – ein treuer Begleiter

Natürlich kommt irgendwann der Punkt, an dem sich das schlechte Gewissen meldet. Es ist ein alter Bekannter – charmant wie ein Versicherungsvertreter, hartnäckig wie eine Pop-up-Werbung.

Aber selbst das schlechte Gewissen hat einen Nutzen. Es sorgt für eine gewisse Grundspannung im Alltag, wie ein unterschwelliges, ständiges Brummen. Diese Energie lässt sich hervorragend nutzen, um sich mit anderen Themen zu beschäftigen. Zum Beispiel: Warum ist der Reißverschluss der Lieblingsjacke eigentlich immer verklemmt?

Prokrastination als Lebenskunst

Aufschieben hat auch eine philosophische Dimension. Wer wartet, gibt der Welt die Chance, sich selbst zu korrigieren. Vielleicht regnet es morgen – dann muss man die Fenster nicht putzen. Vielleicht sagt die Kundin von selbst ab – dann war der ganze Stress umsonst.

Es geht um Vertrauen. Vertrauen darauf, dass sich manche Probleme durch Zeit und konsequente Untätigkeit von selbst erledigen. In einer Welt, die von ständiger Effizienz und Ergebnisorientierung getrieben ist, wirkt Aufschieben fast revolutionär. Man verweigert sich dem Druck – mit Stil.

Die große Erledigung – oder: Wenn das Universum doch drängt

Irgendwann jedoch kommt der Moment, in dem auch Aufschieber*innen handeln. Meist ist das Deadline-Nähe oder soziale Sanktion. Plötzlich wird der Mensch zum Wirbelwind: konzentriert, hochproduktiv, fokussiert. Alles passiert auf einmal – mit der Energie von drei Wochen mentaler Vorbereitung.

Interessanterweise gelingt dann oft Erstaunliches. In kürzester Zeit entstehen Präsentationen, Anträge, Texte – alles unter Hochdruck, aber von erstaunlicher Qualität. Was beweist: Aufschieben war eben keine Faulheit. Es war ein mentaler Aufwärmprozess. Ein sehr, sehr langer.

Aufschieben – das unterschätzte Multitasking

Aufschieben bedeutet nicht, nichts zu tun. Es bedeutet, alles zu tun – nur nicht das, was man eigentlich tun sollte. Es ist eine Kunstform, ein Lebensstil, ein Schutzmechanismus. Und nicht zuletzt: ein Zeichen hoher Kreativität.

Denn wer aufschiebt, hat Zeit zum Nachdenken. Zum Umdenken. Zum Tee trinken. Und zum Entwickeln neuer Ausreden.

Also: Nichts überstürzen. Aufgaben laufen nicht weg – sie warten nur geduldig, bis der richtige Moment gekommen ist. Und wenn nicht heute, dann eben… nächste Woche. Oder dann, wenn die Kaffeemaschine entkalkt ist. Prioritäten, Sie wissen schon.

Völlig wirr – aus dem Tagebuch

eigentlich wollte ich gerade meinen Blog aufräumen und neue Kategorien hinzufügen, aber irgendwie klappt es nicht so, wie ich mir das vorstelle. )-:
Eigentlich gehört der ja gar nicht in die Kategorie Musik. „grrrrr“

Dann bleibt mir scheinbar nur die Möglichkeit in meiner Küche Ordnung zu schaffen.

 

Prokrastination – Disziplin und Durchhaltevermögen

 

 

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