Heute ist es wieder soweit, am 11. November wird in der christlichen Welt der heilige St. Martin gefeiert. Und pünktlich zu diesem Tag tauchen im Internet wieder die bunten Bildchen auf, in denen besorgte Bürger ihre Angst verteilen, dass dieses Fest nun plötzlich anders heißen könnte.
Man hat plötzlich Angst, dass christliche Werte verschwinden könnten, wenn das Martinsfest anders heißen würde, wenn es nun Sonne, Mond und Sterne oder Lichterfest genannt werden würde. Man hat Angst davor, dass die Änderung des Namens auch die christlichen Werte ausradieren könnte.
Aber wer war nun eigentlich der heilige Martin?
St. Martin war ein römischer Soldat. Er war immer sehr hilfsbereit und bescheiden. Aber wirklich bekannt wurde er durch folgende Begebenheit: Einmal begegnete Martin einem armen Bettler, der nichts anderes hatte als ein paar Lumpen am Leib. Dieser arme Bettler zitterte vor Kälte. Kurz entschlossen nahm Martin seinen großen Mantel und zerschnitt ihn in zwei Hälften. Eine davon gab er dem armen, frierenden Bettler – demjenigen, der nichts hatte.
Bis heute gedenkt man dem heiligen Martin von Tours mit Martinsumzügen, Laternen und Liedern. Häufig wird beim Martinsumzug auch ein kleines Theaterstück aufgeführt, bei dem gezeigt wird, wie Martin seinen Mantel mit dem armen, frierenden Bettler teilt.
Egal, wie nun das Fest genannt wird, es geht darum, dass Martin einem Schwächeren, Hilflosen, Armen – einem, der nichts mehr hat – hilft. Genau diese christlichen Werte der Hilfsbereitschaft und des Teilens stehen im Mittelpunkt dieses Martinfestes. Anstatt mit verschiedenen Bildchen sich gegen eine vermeintlich falsche Bezeichnung zu wehren, sollte man sich dieser – unserer christlichen – Werte besinnen. Die christlichen Werte – Teilen und Hilfsbereitschaft – sind das wichtige, nicht der Name! Denn diese christlichen Werte sind tatsächlich in Gefahr. In Gefahr gebracht werden sie durch die besorgten Bürger, die Angst haben, dass die Bezeichnung für den Gedenktag des heiligen Martin falsch ist. Genau sie sind es, die die christlichen Werte, die mit dem Martinsfest verbunden werden, nicht mehr leben. Anstatt wie Martin zu helfen, zu teilen und die Ärmsten zu unterstützen, wird gehetzt, geschimpft, mit dem Schlimmsten gedroht.
Dass diese christlichen Werte des heiligen St. Martin – Teilen, Helfen, Unterstützen – nicht mehr gelten, sieht man im täglichen Umgang mit den Ärmsten in unserer Gesellschaft: mit Obdachlosen und Flüchtlingen. Wo bleibt hier die Hilfsbereitschaft und das Teilen? Wo bleiben hier die christlichen Werte, wie sie uns im Gedenken an den heiligen Martin gezeigt werden? Wo bleiben sie?
Obdachlose werden unter Strafandrohung aus den Städten vertrieben, Flüchtlingen alles geneidet, selbst die Mindestsicherung soll ihnen auf ein Minimum gekürzt werden – und das alles unter dem Applaus besorgter Bürger, die Angst um ihre christlichen Werte haben. Genau jene Werte, die sie eigentlich bewahren wollen, treten sie mit den Füßen. Aber Hauptsache sie sorgen sich um den korrekten Namen des Martinsfestes. Ist ja der Name viel wichtiger als die eigentlichen christlichen Werte – wie Teilen und Helfen – die im Fest vermittelt werden. Warum werden diese Werte nicht mehr gelebt – warum ist der korrekte Name wichtiger?
TEILen wir also wie Martin. TEILen wir, um die christlichen Werte zu schützen. TEILen wir, um am Leben unserer Mitmenschen Anteil haben. – Teilen und helfen wir – und stoppen die Hetze und das Ausgrenzen!