Addis Abeba – Erster Tag

Im Feber 2009 besuchte ich das zweite Mal Addis Abeba.  Die Eindrücke waren wieder überwältigend. Äthiopien ist eine andere Welt – aber die Menschen mit viel Sonne im Herzen.

Reise nach Äthiopien – 1. Tag

Um kurz vor ½ 8 hat uns der Wecker aus ziemlich tiefem traumlosen Schlaf gerissen, wir quälten uns in unser Gewand und gingen zum Frühstücksraum. Dort saßen schon ein paar Leute beim Essen und es war für uns schon gedeckt. Wie schon befürchtet kamen von meinen Mädels Beschwerden über das Essen: Das Brot schmeckt nicht und die gesalzene Butter sowieso nicht. Aber zur Not fand sich ein Kompromiss. Das Gespräch der anderen Gäste drehte sich um ihre Erlebnisse und Erfahrungen in Äthiopien. Alle arbeiteten bzw. arbeiten hier bei Deutschen Firmen oder bei Hilfsprojekten. Die Unterhaltung war für mich als Außenstehende sehr interessant und informativ. Wir verabschiedeten uns bald wieder und gingen noch einmal schlafen, da wir alle drei vom Flug noch ziemlich erschöpft waren.

Erster Eindruck in Äthiopien

Nach ein paar Stunden Schlaf ging es uns besser und wir waren fast fit. Beim Ausräumen der Koffer fanden wir in einer der Schubladen eine Geldtasche mit ziemlich viel Geld, einem Impfpass und einem Führerschein. Für uns drei war klar: hier kommt nichts weg und meine Mädels fühlten sich gleich wohler.
Wir schauten uns das Compound (die Anlage der Mission, ein umzäuntes Gelände) an: es gab zwei Gästehäuser, das Haus, in dem wir gefrühstückt hatten, das Wohnhaus und Büros der Angestellten der Mission, das Haus der Köchin, ein paar kleinere Lagerräume und noch ein Wohnhaus. Der Garten war wunderschön und sehr gepflegt. Für die Kinder fand sich ein Klettergerüst und eine Sandkiste.
compound
Während wir auf die „Chefin“, die für die Gäste zuständig war, warteten, spielten die Kinder und ich genoss die Sonne. Ich fühlte mich wie auf einer kleinen, sonnigen und einsamen Insel. Da wir erfahren hatten, dass es am Wochenende kein Mittagessen in der Mission gibt, erkundigten wir uns, wo wir in der Nähe etwas essen gehen könnten. Und nachdem wir uns vorgestellt, die Geldtasche und das Anmeldeformular übergeben hatten, machten wir uns auf den Weg. Wir meldeten uns unnötiger Weise beim Wächter ab und sagten ihm, bis wann wir wieder zurück sein werden.

 

 

In einer anderen Welt

CompoundErwartungsvoll und sehr motiviert gingen wir die schmale Gasse hinauf. Wie die meisten Seitenstraßen in Addis Abeba war sie nicht asphaltiert sondern bestand aus großen, unregelmäßig verlegten Steinplatten. Dazwischen gab es immer wieder einmal breite und relativ tiefe Schlaglöcher.
Gasse Nach wenigen Minuten waren wir auf der Hauptstraße und die Kinder bekamen ihren zweiten Schock. Sie befanden sich in einer gänzlich fremden Welt. Der Gehsteig, wie die meisten in Addis, war ein flacher Steinhaufen, breit aber chaotisch.
gehsteig

Fremd und Fremden

Es gab ein ständiges Gehupe, die meisten Autos, die vorbei fuhren, waren kleine, blauweiße City-Busse, überall waren Menschen, dazwischen liefen Esel. Meine Mädels klammerten sich an mich. Interessant war das Gefühl, aufzufallen: wir waren die einzigen Weißen weit und breit und eine blonde, langhaarige 10jährige ist eine Rarität und dem entsprechend reagierten auch die meisten Äthiopier, denen wir begegneten: wir wurden ununterbrochen angequatscht, in einer fremden, hart klingenden Sprache. Und dann gab es noch die Bettler, die relativ nahe kamen, die Hände ausstreckten und hofften, von uns Geld zu bekommen. Wir konnten es nicht leugnen, wir waren die „Ferenji“, wie die Äthiopier weiße Ausländer bezeichnen. Dabei waren es häufig Kinder, die sehr nahe kamen, jedoch nicht ungut waren. Wirklich alle hatten ausnahmslos ein freundliches, entwaffnendes Lächeln auf den Lippen. Nur merkten das meine Kinder in ihrem Schreck überhaupt nicht.
street addis abeba
Wie aufgeschrecktes Wild suchten wir den Schutz des Motera Hotels, wo einheimisches Essen und internationale Küche geboten werden. Nur leider fanden wir das Hotel nicht und gingen ungefähr 20 Minuten weiter. Plötzlich stockte uns der Atem: es roch nach Brackwasser, toten Tieren, fauligem Abfall, undefinierbarem Moder. Uns wurde fast schlecht. Plötzlich standen wir auf einer kleinen Brücke und unter uns war eine brühige Wasserstelle. Das war der Moment, wo wir beschlossen, es ist genug, am Hotel sind wir sicher schon lange vorbei, immerhin sollten es nur ein paar hundert Meter von der Mission dorthin sein und wir kehrten um. Nachdem wir doch hungrig waren, beschlossen wir bei einem Obststandl ein paar Bananen zu kaufen. Dort machten wir unserer Naivität alle Ehre und ließen uns für einen kg Bananen fast 10 Dollar abnehmen – wahrscheinlich ein halber Monatslohn für den Händler. Aber es sei im vergönnt und hoffentlich freut er sich darüber. Immerhin hatten wir uns das Geld für das Mittagessen gespart. Für mich war es wieder dieser Widerspruch der den Reiz dieser Stadt ausmacht: der irre Verkehr, der doch langsam ist, der Staub und der steinige Gehsteig und daneben die guten Straßen. Die Bettler und daneben wieder Menschen, die durchaus europäischen Standard haben, was auch für die Autos gilt: alte, bei uns schon längst verschrottete Autos, neben neuen Luxuswägen. Die Nutziere zwischen den Menschen, Armenbehausungen neben wunderschönen, modernen Gebäuden. Addis Abeba ist schon eine ganz besondere Stadt.
Plötzlich standen wir vor dem Motera und ich schlug vor, dass wir jetzt doch essen gehen sollten. Einstimmig lehnten meine Mädels ab, ihnen sei der Appetit vergangen. Mein einziger Gedanke war, dass dies ja noch heiter werden kann und ich hatte schon große Bedenken, dass wir die ganze Woche in der geschützten Hermannsburger Mission verbringen würden. Und das, obwohl wir noch nicht einmal durch eine besonders arme Gegend gegangen wären, immerhin ist in dieser Strasse auch das „Ethiopian Health & Nutrition Research Institute“.
Health & Nutrition research Institute
Als wir dann endlich wieder hinter den geschlossenen Türen der Mission standen, atmeten beide auf und waren froh wieder da zu sein. – Na bravo!
Aber immerhin hatten wir noch drei Semmeln, ein paar Müsliriegel, den Wasserkocher und unsere Bananen.
bettler

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