Die Züchtigung von Anna Mitgutsch

Anna Mitgutsch – Die Züchtigung

Mit Anna Mitgutschs Roman „Die Züchtigung“ (1985) erschien ein literarisches Debüt von bemerkenswerter Intensität, das auf eindrucksvolle Weise die Themen Schuld, Autorität, religiösen Dogmatismus und die Herausforderungen der individuellen Selbstfindung verwebt.

Kein Spaß – Die Züchtigung

… ist eines der Bücher, die ich im Urlaub gelesen habe.

Das Bucht ist sehr trist, die Sprache einfach, schlicht und sehr eindringlich. Die Ich-Erzählerin, die die Erziehung der Tochter besser machen will, als ihre Mutter es gemacht hat, erzählt in Rückblicken von der Kindheit, der Ehe und dem Sterben ihrer eigenen Mutter Marie. Marie wächst auf einem reichen Bauernhof auf. Dabei ist ihr Leben gekennzeichnet durch harte Arbeit, Schläge und Unterdrückung. Nach dem Krieg flüchtet sie in die Ehe mit einem Mann, den sie nicht liebt und geradezu verabscheut.
Ihre Tochter erzieht sie streng, mit Schlägen und ohne irgendwelche Freiräume. Dabei steht für sie immer der Wunsch im Vordergrund, besser zu sein, als die anderen und sich aus der Arbeiterschicht nach oben zu arbeiten.

Anscheinend ist das Buch zumindest zum Teil autobiographisch – und spiegelt die Mutter-Tochter-Beziehung der Autorin wieder.

An einer Stelle fällt der Satz:

Nicht falsch, heißt noch lange nicht, nicht richtig. 

Ein Zitat, das es wert ist, sich öfter daran zu erinnern.

Mich erinnert das Buch an eine Internet-Bekannte, die auch auf einem Hof aufgewachsen ist, auf dem harte Arbeit nur durch Schläge unterbrochen wurden. Auch diese Frau ist vom Hof geflohen, auch sie versucht mit allen Mitteln ihrer Tochter ein besseres Leben zu bieten, ja und auch sie steht häufig am Rande des Scheiterns. Auch bei ihr gibt es immer wieder Problem mit einem Mann, der eine ähnliche, lieblose Kindheit hatte, wie sie selbst.

Mitgutsch - Die Züchtigung

  • Annat Mitgutsch – Die Züchtigung
  • Taschenbuch: 256 Seiten
  • Verlag: Deutscher Taschenbuch Verlag; Auflage: 608, 695 Seiten. (1. Oktober 1987)
  • Sprache: Deutsch

 

 

 

Inhalt – Die Züchtigung

Im Zentrum des Romans „Die Züchtigung“ steht die Ich-Erzählerin, eine junge Frau, die als Lehrerin an einer reformpädagogischen Schule in einer amerikanischen Großstadt unterrichtet. In Rückblenden und Reflexionen setzt sie sich mit ihrer Kindheit in einer tief religiösen, katholisch geprägten Familie auseinander.

Die dominante Figur in ihrer Vergangenheit ist der Vater – ein tyrannischer, wortkarger Mann, dessen Form der „Erziehung“ von psychischer und physischer Züchtigung geprägt war. Die Mutter erscheint als schwache, angepasste Frau, die das autoritäre Familienregime stillschweigend duldet. Geprägt von Schuldgefühlen, Angst und einem inneren Zwang zur Unterwerfung, entwickelt die Erzählerin ein zwiespältiges Verhältnis zur eigenen Herkunft und Identität.

Im Erwachsenenleben ist die Ich-Erzählerin zwar äußerlich unabhängig, doch innere Freiheit bleibt ihr verwehrt. Ihre Arbeit als Lehrerin, ihre Beziehungen und ihre Selbstwahrnehmung sind durch das Erbe der Kindheit deformiert. Erst im Verlauf des Romans beginnt ein schmerzhafter Prozess der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit – ein Versuch der Selbstbefreiung durch Erinnerung, Konfrontation und Sprache.

Mitgutschs klarer, psychologisch dichter Stil und die eindringliche Darstellung innerer Konflikte machen Die Züchtigung zu einem wichtigen Werk der österreichischen Gegenwartsliteratur über familiäre Gewalt, religiöse Prägung und die Suche nach persönlicher Autonomie.

Gedanken zum Buch

Mitgutsch schildert in Die Züchtigung mit großer psychologischer Dichte und sprachlicher Klarheit das Innenleben einer Frau, die von ihrer religiös-konservativen Kindheit geprägt wurde. Besonders hervorzuheben ist die präzise Darstellung der Auswirkungen patriarchaler Strukturen auf weibliche Identität und Selbstwahrnehmung. Die Ich-Erzählerin ringt um Selbstbestimmung – zwischen Schuld, Zwang, Erinnerung und Befreiung.  Dabei setzt sich die Autorin kritisch mit der Rolle religiöser Dogmen und elterlicher Gewalt auseinander. Dabei ist der Titel des Romans nicht nur wörtlich zu verstehen, sondern verweist auch auf die psychische Disziplinierung und Unterwerfung durch Glaubenssysteme und rigide Familienstrukturen. Mitgutsch analysiert die zerstörerische Macht von Erziehung, die auf Angst und Gehorsam basiert.

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