Augustinus war einer der Begründer der mittelalterlichen Religion, aus dem Blickwinkel der Neuplatonischen Sicht. Augustinus setzt sich mit den philosophischen Fragen der Religion auseinander. Neben seiner Bedeutung im Bereich der Religion spielte er auch eine bedeutende Rolle in der Literatur. Er gilt als Begründer eines neuen Genres – der (Auto-)Biographie.
Platons Philosophie
Platon: Die Idee eines Baumes ist die Abstraktion eines Baumes. Wir sehen nur die Abbilder der Idee. Diese Idee lässt sich auch mit griechischen Epen vergleichen: Das Anrufen der Musen in griechischen Epen. Man muss dies in Zusammenhang mit Platons Ideen sehen: Vor der Geburt konnte man in dieses göttliche Wissen schauen, jedoch ging mit der Geburt dieses Wissen verloren. Daher werden die Musen angefleht, dieses Wieder-Erinnern (Anamnesis) auszulösen.
Diese Philosophie ist bis ins Mittelalter verschüttet, es gibt bestenfalls schlechte lateinische Übersetzungen.
Die Biographie von Augustinus
- Ambrosius: das Wissen über ihn (stilles Lesen) stammt aus der Autobiographie von Augustinus.
- Über 1000 Jahre lang gibt es keine Autobiographien mehr!
Mit seiner Biographie will Augustinus seinen Werdegang bzw. seine Bekehrung dokumentieren. Er beschreibt seine Übersiedlung von Karthago nach Rom sehr genau. Die Mutter will diese Übersiedlung jedoch nicht. Ihr ist viel Raum in den Confessiones (den Bekenntnissen) gewidmet. Die Idee dahinter entspricht der Theorie des Translatio imperii. Diese Theorie des Mittelalters besagt, dass eine Abfolge von Weltreichen gibt. Dabei lösen sich die Weltmächte nacheinander ab. Augustinus sieht das ähnlich und gibt sich auch so einen Anspruch auf Weltherrschaft (aber jetzt des Christentums), dabei nimmt er Anlehnung an Vergil (Aeneas kommt von Karthago nach Rom): Im Zentrum steht jetzt die Bekehrung vom Heidentum zum Christentum. Er vergleicht sich dabei (auch wenn er sich dessen nicht bewusst ist) mit Aeneas. In diesem Zusammenhang kann man die Mutter von Augustinus mit Dido/Aeneas vergleichen.
Augustinus „experimentiert“ mit allen damals populären Heilslehren, zB kommt er in Kontakt mit den Manichäern, die ein bipolares Weltbild vertreten.
Die Bekehrung
Am 15. August 386 n. Chr. kommt es zu einem Bekehrungserlebnis bzw. zu einer Vision. Diese ist wichtig für die Literaturgeschichte.
Augustinus ist in einem Garten und hört eine Kinderstimme, die ruft: „Tolle! Lege!“ (Nimm es/Heb es auf! Lies!). Er ist verwundert und geht der Stimme nach. Er kommt in ein Haus, dort liegt auf einem Tisch eine Bibel. Er erinnert sich an eine ähnliche Vision vom hl. Antonius und weiß was er zu tun hat: Er öffnet die Bibel und schlägt sie zufällig bei Paulus/Römerbrief 13 auf:
„Nicht in Fressen und Saufen, nicht in Wollust und Unzucht, nicht in Hader und Neid, sondern ziehet den Herrn Jesus Christus an und pflegt das Fleisch nicht zur Erregung eurer Lüste“.
Sofort ist ihm klar, dass er ab jetzt ein frommes und zölibatäres Leben führen muss. Somit ist Augustinus einer der zentralen Figuren für ein Zölibat der Priesterschaft.
Weitere Werke von Augustinus
Es gibt von ihm ca. 100 überlieferte Werke, beispielsweise:
- De Trinitate: über die Dreifaltigkeit. Hier wird die zentrale Frage in einer monotheistischen Religion behandelt: Wie kann es drei „Götter geben?
- De Civitate Dei: vom Gottesstaat. Hier kommt stark sein manichäisches Denken zum Ausdruck.
- Confessiones: Bekenntnisse: Diese Autobiographie ist nicht nur religiös motiviert, sondern gibt auch Einblicke in die Psychologie (zB über das Weltverständnis eines Kindes; Warum begehen Menschen Sünden?)
Die letzte Frage behandelt er aus der Sicht von sich selber: Er hat als Kind – ohne Hunger zu leiden – einmal Birnen gestohlen. Er schließt daraus, dass es einen Drang gibt, Sünden zu begehen. Das ist eine protopsychologische Analyse. Der letzte Teil des Werks besteht aus Traktaten zur Erinnerung: Augustinus ist sehr interessiert am Konzept der Erinnerung: psychologisch und physiologisch.
Interessant dabei ist sein Konzept der Zeit: Es gibt nur die Gegenwart (=> transitorischer Moment der Gegenwart). Es gibt keinen Zugang zur Vergangenheit oder Zukunft. Man kann in diesem transitorischen Moment der Gegenwart über die Memoria/Erinnerung Einblick in die Vergangenheit bekommen bzw. über die Imagination Einblick in die Zukunft.
Erste Auslegung der Bibel -4facher Schriftsinn
Mit Augustinus kommt es zu ersten Bibel-Exegese (Auslegung). Wobei die Interpretationsversuche Augustinus nicht besonders gut sind, da sein griechisch schlecht ist. Jedoch wurden seine Ansätze durch seine Nachfolger vertieft. Es kommt zur Idee des 4fachen Schriftsinns. Die Bibel (eigentlich jeder Text) lässt sich auf vier verschiedene Arten unterteilt werden.
- die wörtliche Bedeutung des Textes (zB: das Hinausführen der Israeliten aus Ägypten durch Gott) – buchstäblich
- nichtwörtliche/übertragene Bedeutung (zB: Gott befreit alle, die an ihn glauben ? allegorische Bedeutung): also allegorisch (indirekt)
- moralisch: als Handlungsanweisung, Regel,
- anagogisch: eine Form der Auslegung und Weiterführung der wörtlichen Bedeutung.
Diese allegorische Bedeutung wird im Mittelalter zur Hauptexegese. Weitere Untergliederungen gab es schon in der Antike.
Mit Augustinus beginnt das Mittelalter
Augustinus markiert den Ausklang der Antike und den Beginn des Mittelalters. Zur Zeit der Völkerwanderung wird er Bischof in Annaba. Im Sterben erlebt er den Einfall der Vandalen (der Begriff Vandalismus geht auf das 18. Jhd. Zurück, die Vandalen waren „besser“ als ihr (heutiger) Ruf).