Sprachwandel
Sprachwandel: Sprache ist kein starres System, sondern lebt – sie wandelt sich stetig. Neue Begriffe entstehen, alte verschwinden, Bedeutungen verändern sich. Technologischer Fortschritt, gesellschaftlicher Wandel und kulturelle Einflüsse prägen unseren Sprachgebrauch und formen die Sprache von morgen.
Sprache ist dynamisch – Sprache unterliegt einem Wandel
Faktoren für Sprachwandel
(nach Peter von Polenz:)
- Ökonomie: Sprecher und Schreiber reduzieren die Sprache aus Bequemlichkeit und Zeitersparnis
- Innovation: das gewohnte Inventar einer Sprache wird neu zusammengesetzt: Rede und schreibe nicht so wie die anderen, um herauszustechen.
- Variation: man ist flexibel in der Wahl der sprachlichen Mitte, je nach Ziel oder Art der Kommunikation wird variiert
- Evolution: sprachinterne Kriterien führen zu einem Sprachwandel.
Verschiedene Dimensionen des Sprachwandels
- zeitliche Dimension (diachron),
- räumliche (diatopische) Dimension,
- soziale Dimension
- funktionale Dimension
Jeder Sprachwandel auf diesen 4 Ebenen hat stets Prozesscharakter.
Synchronie und Diachronie:
Es gibt zahlreiche methodische Möglichkeiten um Sprache zu betrachten. Dabei stammen wichtige Punkte von Ferdinand de Saussure (um 1900):
- deskriptiv – statisch-synchronische Betrachtung: Querschnitt durch die Sprache zu einem bestimmten Zeitpunkt (zB zur Zeit von Luther)
- historisch – dynamisch: diachron: wie hat sich die Sprache durch die Zeit verändert
Diese Begriffe sind heute sehr umstritten: da es diese Dichotomie zw. Statische und dynamische Entwicklung gibt es nicht, da jeder Moment, jeder Sprachzustand immer schon auch eine Veränderung ist.
Auch die Sprache des Neuhochdeutschen ist nicht statisch: die Veränderung muss daher immer historisch betrachtet werden.
Ursachen des Sprachwandels
Warum verändert sich Sprache?
Es gibt zahlreiche Sprachtheorien, zu den drei wichtigsten gehören
- August Schleicher (1821 – 1868): Die Darwinistische Theorie und die Sprachwissenschaft: Sprache als Organismus, daher ändert sich auch Sprache: wie bei einem Baum, bei dem Blätter, Äste etc. absterben. Sprache als Naturgut.
- Theodor Frings (1886 – 1986) – Sprachgeographie und Kulturgeographie: Er geht weg von der Naturwissenschaft, denn Sprache ist ein soziales Gebilde, das sich wie ein Staat oder eine Gruppierung zusammensetzt., wie zB Südtirol nicht mehr bei Österreich ist, oder die K&K-Monarchie nicht mehr existiert. Sprache ist ein Kulturgut, das sich ständig verändert
- Rudi Keller (1942 – ) ist ein sehr renommierter deutscher Linguist, an der UNI Düsseldorf. Buch („Von der unsichtbaren Hand“) über Sprachwandel sorgte für Furore: Neu bei ihm: Sprache verändert sich, weil ein Sprachunfall passiert ist (irgendwann): Mit dem Auto über die Autobahn, die Eigenschaft des Autos ist es nicht, sich zu wandeln -> Sprache hat daher auch nicht die Eigenschaft sich zu Wandeln. Ein Auto änder sich erst beim Unfall: Dellen, Platten, etc. Sprachwandel entsteht daher auch wegen eines Sprachunfalls. Auf die Unfälle wurde reagiert in dem auch das Auto durch die Industrie verändert wird: bessere Gurte, Airbag etc. Genau das passiert auch bei der Sprache – durch eine unsichtbare Hand.
Anmerkung: Der Sprachwandel vor 1900 muss immer aus der Schriftlichkeit rekonstruiert werden: es gibt daher nur eine gebrochene Reflexion auf die Mündlichkeit.
Ebenen des Sprachwandels
- phonologischer Wandel: Veränderung der Aussprache
- morphologischer Wandel: Veränderung der Flexion
- syntaktischer Wandel: Veränderung des Satzbaus
- lexikalischer Wandel:
- semantischer Wandel: Bedeutungswandel: ist die häufigste Veränderung, da er sich im Bewusstsein des Menschen vollzieht, er lässt sich aber nur ganz schwer und präzise beschreiben und abgrenzen
- graphemischer Wandel
Vier Arten von Bedeutungswandel
- Bedeutungsverbesserung: Inhalte eines Wortes werden über die Zeit positiv konnotiert: marahschalc: ursprünglich: Pferdeknecht, daraus wurde dann der Stallmeister, dann Hofbeamter, dann oberster Befehlshaber der Reiterei, heute Marschall: hoher militärischer Rang
- Bedeutungsverschlechterung: ahd: alawari: ganz wahr, ganz freundlich, im mhd allzu gütig, wird im nhd zu albern
- Bedeutungserweiterung: ahd heriberga: ursprünglich das Heer wurde hier untergebracht, heute: Herberge für alle
- Bedeutungsverengung: mhd: hôchgezît: Fest, Freude, Freudenzeit, heute nur mehr Hochzeit als Eheschließungsfeier