Schnee im April - Wetterjammerei

Schon wieder Wetterjammerei im April

Hier gehört die Wetterjammerei zur nationalen Identität wie der Kaiserschmarrn zum Alpengipfel. Ob Sonne, Schnee oder Schnürlregen – irgendwas passt immer nicht. Ein satirischer Blick auf das meteorologische Dauerthema und die Frage: Was wäre ein Leben ohne Sudern?

Warum viele ständig über das Wetter jammern

Es gibt Länder, in denen man über das Wetter spricht, um peinliches Schweigen zu überbrücken. In einigen Ländern hingegen ist das Wetter kein Lückenfüller, sondern Herzstück der Konversation, institutionalisierte Alltagsklage und nationales Kulturgut. Kaum zeigt das Thermometer eine Bewegung – aufwärts, abwärts oder gar seitwärts – wird kollektiv geseufzt, geschimpft und gemosert, als stünde der Untergang des Alpenraums unmittelbar bevor.

Man könnte meinen, Meteorolog*innen hätten einen undankbaren Beruf. Schließlich liefern sie der Bevölkerung täglich jene Daten, mit denen sie sich dann genüsslich über die Unzumutbarkeit der meteorologischen Zustände beklagen kann. Doch weit gefehlt: Die Wetterexpertise hat in Österreich beinahe Orakelstatus. Man wird zwar nie gelobt, aber immerhin ständig zitiert – mit tadelndem Tonfall:

„Gestern habn’s g’sagt, es bleibt trocken! Und jetzt schüttet’s wia aus Kübeln!“

Wetterjammerei als Kulturtechnik

Das Wetterjammern ist kein spontanes Phänomen, sondern eine traditionsreiche Kulturtechnik, ähnlich wie das Jodeln oder das Maibaumaufstellen – nur eben wetterunabhängig. Bei Sonnenschein ist es „viel zu heiß“, bei Regen „schon wieder so ein Suderwetter“, bei Schnee „a richtige G’fahr“, und wehe, es bleibt im April tatsächlich mal stabil – dann droht Panik:

„Des kann doch nit normal sein!“

Meteorologisch gesehen ist der Alpenraum eine Gegend der Extreme: Kontinentales Klima trifft auf alpines Terrain, der Föhn auf das Gemüt, die Inversionswetterlage auf das Immunsystem. In einem Land, in dem man innerhalb eines Tages vom Pullover zum Sonnenhut und wieder zurück wechseln muss, ist die mentale Wetterresistenz zur Überlebensstrategie geworden. Nur ist das nicht gleichbedeutend mit Gelassenheit – ganz im Gegenteil: je wechselhafter das Wetter, desto beständiger das Jammern.

Wetterjammerei verbindet

Soziologisch betrachtet ist die Wetterjammerei eine demokratische Ausdrucksform. Es eint die Bevölkerung quer durch alle Milieus, Altersklassen und Dialekte. Ein Teenager in Wien, der sich über den „krankesten Hitzetag ever“ beschwert, teilt ein gemeinsames Gefühl mit der 84-jährigen Bäuerin aus dem Lungau, die beim dritten Frost im Mai trocken konstatiert: „Na, des wird wieder nix mit die Paradeiser.“ Wetter verbindet – im gegenseitigen Klagen.

Natürlich hat das auch psychologische Vorteile. Wer über das Wetter schimpft, braucht keine politischen Diskussionen. Es ist der letzte unverfängliche Gesprächsstoff, über den sich alle einig sind – im Dissens. Die Republik ist sich uneinig einig, dass das Wetter einfach nie passt. Ein perfekter Konsens im Unzufriedensein.

Auch die Medien spielen mit

Die Medien leisten ihren Beitrag: Kaum zeigt sich ein Sommertag, ist vom „Jahrhundertsommer“ die Rede, gefolgt vom „schwersten Gewitter seit Messbeginn“ – was, statistisch betrachtet, ungefähr jeden Mittwoch der Fall ist. Die Schlagzeilen der Boulevardpresse gleichen apokalyptischen Endzeitvisionen: „Wetter-Chaos!“, „Kälte-Schock!“, „Sahara-Hitze im Anmarsch!“ – als würde das Wetter nicht passieren, sondern gezielt gegen die Bevölkerung geführt werden.

Die Meteorologie selbst ist in diesem Theaterstück die tragikomische Hauptdarstellerin. Sie liefert nüchterne Modelle und Karten, die von der Öffentlichkeit als Dramaturgie eines Naturdramas rezipiert werden. Dabei ist es der Wetterbericht, der durch seine Vorhersagen überhaupt erst die Basis für das tägliche Jammern schafft. Kein „verhaut’s Wetter“ ohne den Hinweis auf das ursprünglich versprochene Schönwetterfenster.

Meteorologisches Mimimi

Und doch: Wo wäre dieses Land ohne das meteorologische Mimimi? Ein stilles, innerlich leeres Land vielleicht, das sich plötzlich mit tatsächlichen Problemen auseinandersetzen müsste. Das Wetter als Ventil für Alltagsfrust, als Katalysator der sozialen Nähe, als legitime Form der Emotion – ist das nicht eigentlich seine schönste Funktion?

So bleibt die Prognose auch für die kommenden Jahrzehnte konstant: wechselhaft mit starker Tendenz zum Jammern. Die Alpen beben nicht, aber sie brummeln leise. Und wenn sich irgendwann der Klimawandel voll entfaltet, wird Österreich sagen: „Na seawas, jetzt is a scho z’warm zum Sudern.“

Und so schließt sich der meteorologische Kreis: Das Wetter mag sich ändern, aber das Wetterjammern bleibt – verlässlich wie der Sonntagsbraten, das tägliche Kipferl und der grantelnde Blick gen Himmel.

Wenn du also das nächste Mal jemandem begegnest, der sich über „so ein blöds Wetter“ echauffiert, nimm es nicht persönlich. Du bist Zeuge eines Nationalsports – wetterbedingt, aber wetterunabhängig.

Aus dem Tagebuch

Wetterjammerei die Xte – Das Wetter ist ja wieder einmal das Hinterletzte. Es ist eine Mixtur aus Regen und Schnee. Und das im April. Wenn es wenigstens warm wäre, aber nein. Es ist eklig. Nicht mal der Hund wollte raus. )-:

Nur das Foto vom Hasen im Schnee habe ich wieder nicht runter laden können. *grrr*

April, April, warum das Wetter so ist, wie es ist

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