Marjane Satrapi – Persepolis eine Kindheit im Iran

Das einzige, was ich in meinem Leben bedauere, ist, keine Comics gezeichnet zu haben. – Pablo Picasso

Persepolis – Graphic Novel

In dieser Graphic Novel erzählt die Autorin über ihre widersprüchliche Kindheit im Iran. Marjane ist ca. 10 Jahre alt, als es zu Aufständen gegen den Schah kommt. Obwohl – oder vielleicht gerade deswegen – die intellektuelle Familie der Autorin sehr modern lebt, erleiden auch sie die Folgen der islamischen Revolution und des neu eingerichteten Gottesstaates. Die Repressionen gegenüber der Bevölkerung werden immer härter, während die Bomben im Krieg mit dem Iran schon mitten in der Stadt einschlagen. Als die Familie immer mehr in Gefahr gerät, treffen sie eine Entscheidung.

Die Erzählung beginnt mit einem Vorwort, in dem Satrapi kurz auf die Geschichte ihrer Heimat eingeht und eine Lanze für sie bricht. Der Iran ist mehr als ein Land des Fundamentalismus, des Fanatismus und des Terrorismus. Satrapi erzählt dann in verschiedenen, nur ein paar Seiten lange Episoden die Geschichte. Dabei vermengt sie persönliche Erlebnisse, kindliche Interpretationen und Reaktionen mit tatsächlichen politischen und religiösen Ereignissen im Iran.

Auch wenn Persepolis schon vor über 10 Jahren veröffentlich wurde, ist das Thema aktuell wie zu Zeiten von Satrapis Kindheit: gerade der arabische Raum ist auch heute noch weit von Frieden, Demokratie und Stabilität entfernt. In vielen Regionen der Welt herrscht Krieg, viele Kinder wachsen in politischen Unruhen auf oder sind gezwungen ihre Heimat zu verlassen. Gleichzeitig zeigt die Autorin auch, wie verwirrend die politische Situation für ein Kind ist. Marjane oder auch Marji ist die Hauptfigur der Handlung, die aus ihrer Sicht erzählt wird.

Aufgrund des Comicstils ist der Text stark reduziert und häufig fehlt die Hintergrundinformation zu den historischen, politischen Ereignissen. Es werden zwar einzelne Geschehnisse angerissen, aber der große Zusammenhang fehlt. Trotzdem überzeugt diese Graphic Novel – vor allem aufgrund ihrer ausdrucksstarken, nur in schwarz-weiß gehaltenen Bilder und Zeichnungen, die viele Worte überflüssig machen. Mit wenigen Worten und den aussagekräftigen Bildern schafft es Satrapi die Komplexität von Religion, ideologische, Gender- und Klassenthemen darzustellen.

Oft wird dem Leser in kleinen Details bewusst, wie anders ihre Welt zu der von Kindern in Europa war. Eines Tages kauft Marji am Schwarzmarkt Kassetten von Kim Wild und bringt sich in große Gefahr. Zur gleichen Zeit hören die Kinder in Europa Kim Wilds Musik im Radio – ganz offiziell in staatlichen Sendern.

Auch wenn Sprache und Bilder eine Einheit bilden und somit die Gesamtheit der Geschichte ausmachen, ist Persepolis für ungeübte Graphic Novel-Leser keine leichte Kost. Die Sprechblasen enthalten wenig Text und entwickeln oft einen Gegensatz zu den ausdrucksstarken Bildern, die die Angst, Ohnmacht, Verzweiflung aber auch Naivität und Marjis Unverständnis gegenüber der Erwachsenenwelt darstellen. Oft ist der Sprung zwischen Alltagskram wie der Smalltalk über das Wetter am nächsten Tag zu einem Massaker mit 400 Toten in nur wenigen Bildern dargelegt, der Weg für den Leser aber kaum ertragbar und er muss innehalten um dies zu erfassen. Immer wieder ist man als Leser zwischen zwei Perspektiven hin- und hergerissen: auch wenn Maji auf der einen Seite kindlich naiv mit Gott spricht ist, ist sie auf der anderen Seite durch Sittlichkeitswächterinnen wegen Kleinigkeiten bedroht.

Marjane Satrapi stammt aus einer linken Mittelstandsfamilie aus Teheran. Dort bekam sie die islamische Revolution und den Beginn des ersten Golfkrieges mit. Um ihr Leben zu schützen, schickten sie ihre Eltern nach Österreich. Bekannt wurde sie durch die Graphic Novel Persepolis, die eigentlich aus zwei Teilen besteht: Satrapis Kindheit im Iran und ihrer Jugendjahre in Österreich. Persepolis wurde dann als Comic/Zeichentrick verfilmt.

Marjane Satrapi Persepolis – Eine Kindheit im Iran

Satrapi-Persepolis

Band 1

gebundene Ausgabe, 160 Seiten

Verlag Edition Moderne

April 2004

 

Persepolis Kino

 

 

 

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