Die Ilias von Homer ist eines der ältesten schriftlichen Texte der Menschheit. In vielen Bereichen gilt sie als Meilenstein der Literatur. Besonders prägend ist die Beschreibung des Schildes des Achilles. Hier geht es zum Inhalt und den historischen Hintergründen.
Der Schild des Achilles – eine Welt im Kleinformat
Die Beschreibung des Schilds des Achilles ist eine Welt in Kleinformat: Die Schilderung geht über ca. 150 Verse: Hephaistos lässt das Schild entstehen: Die Beschreibung des Schildes durch Homer ist die bekannteste Kunstbeschreibung der Antike. Sie beeinflusst alle anderen, folgenden Epen.
Zunächst beschreibt Homer in der Ilias die Entstehung des Schildes: Es braucht 20 Blasebälge, verschiedene Erze. Dann werden mehrere Metalllagen auf das Schild geschichtet, dann kommen noch die unterschiedlichsten Bilder darauf.
Die Bilder: Himmel, Erde, Sonne, Meer, Mond, Sternbilder: Der Schild ist die Darstellung des gesamten (damals bekannten) Kosmos: Kosmographie der bekannten Welt.
Vom Großen bis zum Kleinen
Die Beschreibung beginnt beim großen Ganzen (XVIII-480) und arbeitet sich vor bis zum kleinen Detail (Vgl.: establishing Shot beim Film: immer weiter hinein zoomen bis zum kleinsten Detail).
Zwei Städte
Homer beschreibt die Entstehung zweier Städte von sterblichen Menschen. In einer Stadt findet gerade eine Hochzeitsfeier statt: man kann Flöten und Laiern hören. Dieses Hören weist auf die Besonderheit des Schildes hin. Dem gegenüber steht eine Gerichtsverhandlung um einen erschlagenen Mann (Dies bezieht sich auf die Rechtsprechung der damaligen Zeit: Diese war sehr wichtig und wurde als sehr positiv gesehen (Vgl.: Epos: Werke und Tage von Hesoid: dieses beginnt mit einer Nicht-Rechtssprechung: „kleiner“ Mann konnte sein Recht nicht durchsetzen). Hochzeit und Rechtsprechung sind ein Zeichen dafür, dass die Welt in Ordnung ist, so wie sie sein soll.
Die zweite Stadt: Diese wird von zwei Heeren belagert: dies steht in Bezug zu Troja. Die zweite Stadt ist der negative Gegenpol zur ersten Stadt.
Einschübe der Realität
Außerhalb der beiden Städte gibt es einen Fluss, Ackerbau, Weidevieh.
Vers: 522: Sie ließen sich nieder: Bisher wurden nur Szenerien beschrieben. Die Illusion wird mit diesem Vers durchbrochen. Es entsteht die Illusion zweier Städte, Flüsse, etc. und aus heiterem Himmel bringt Homer das Material ins Spiel aus dem alles gemacht wird: blendendes Erz. Dies entspricht der Realität – das Schild ist aus Erz. Solche Einschübe/Hinweise auf die Realität kommt öfter vor.
(Vgl.: Brecht: mitten in einem Dialog stoppen die Darsteller ihre Handlung und wenden sich ans Publikum und sprechen dieses direkt an).
Weiteres Beispiel:
- … doch schwärzlich glänzten die Trauben;
- Und es standen die Pfähle gereiht ans lauterem Silber.
Ständiger Wechsel zwischen Realität und Fiktion: Entstehung des Kunstwerks: Gold, Silber, Erze Trauben, Pfähle, etc
Der Tanz und der Töpfer
Hephaistos ist gehbehindert, hat aber sehr starke kunstverständige Arme. Er hat „drei Beine“. Diese dienen als Stützen zur Fortbewegung.
Homer beschreibt bei der Entstehung des Schildes für Achill im 18. Gesang auch die Darstellung eines Tanzes. Dem wird wird ein Töpfer, dessen Füße auf der Töpferscheibe hin und her tanzen, gegenübergestellt: Ein Töpfer schafft wie Hephaistos auch ein Kunstwerk.
Die Vorstellung des Urmeeres
Mit der Vorstellung des Urmeeres schließt die Beschreibung. Am Anfang wird die Entstehung des Randes des Schildes beschrieben und sie schließt mit der Beschreibung des Randes: in der Mitte ist ein Mikrokosmos mit den Städten und am Rand der Makrokosmos: Scheibe der bekannten Welt schwimmt im Okeanos Strom.
Bedeutung der Schild-Beschreibung
Einerseits gilt die Beschreibung des Schildes als retardierendes Element (wie Werbung, wenn es am spannendsten ist). Andererseits wirbt Homer für Hephaistos, den Schmiedegott und Gott der bildenden Künste: dieser ist wichtig für Homer selber, da er auch ein Künstler ist. Es ist wie ein Wettstreit zwischen Homers Beschreibung des Schildes und Hephaistos, der das Schild entstehen lässt.
Wer ist der bessere Künstler?
Homer ist der bessere Künstler, weil er beschreiben kann, was Hephaistos schafft: Wir können die Beschreibung der Klänge „hören“. Dies ist durch Worte möglich, die Homer nützt. Das macht ihn zum besseren Künstler. Das hat zur Folge, dass jeder große Epiker eine Kunstbeschreibung in sein Werk einfließen lässt.
In nur wenigen Versen werden die restlichen Waffen (Beinschild, etc.) aufgezählt.