T.C. Boyle - Wassermusik, Apologie

Apologie – In TC Boyles Wassermusik

In Wassermusik von T.C. Boyle spielt die Apologie eine subtile, aber bedeutende Rolle. Zwar tritt sie nicht als klassische Verteidigungsrede im Sinne Platons auf, doch Boyle nutzt das Stilmittel der Apologie auf literarisch ironische Weise. Insbesondere in der Darstellung des Afrikaforschers Mungo Park werden Handlungen gerechtfertigt, die aus heutiger Sicht kolonialistisch oder moralisch fragwürdig erscheinen.

Apologie – wahnsinnig hilfreich

Sollte ich jemals ein eigenes Buch schreiben, in dem ich mich teilweise auf tatsächliche Ereignisse bzw. geographische Gegebenheiten stützen sollte, werde ich ganz einfach die (oder heißt es das oder gar der?) Apologie von TC Boyle aus „Wassermusik“ klauen: Ich finde das wirklich einfach, wenn man sich die Geschichte nach den eigenen Bedürfnissen anpasst – das nennt man wohl literarische Freiheit. Mit der richtigen Apologie wird das Schreiben jedes Buches nahezu idiotensicher

Apologie bei TC Boyles Wassermusik

Da der Anstoß zur Wassermusik in erster Linie der Ästhetik, nicht der Gelehrsamkeit entsprang, habe ich den historischen Hintergrund aus der Freude und Faszination genutzt, die er mir bereitete, keinesfalls aber in dem Wunsch, die darin festgehaltenen Ereignisse genauestens zu rekonstruieren oder für einen Roman zu bearbeiten. Ich pflege hier absichtlich Anachronismen, erfinde Sprachen und Terminologien, und die Originalquellen dienen mir als Material für Abschweifungen und Ausschmückungen. Wo immer die historischen Tatsachen den Bedürfnissen der Phantasie Barrieren bauten, habe ich sie, in vollem Wissen und mit reinem Gewissen, in einer Weise umgestaltet, die meinen Absichten entsprach.

Boyle entwirft keine eindeutige Anklage oder Verteidigung, sondern lässt seine Figuren – allen voran Park – durch Selbstrechtfertigung, naive Perspektive und vermeintlich edle Motive ihre Expeditionen erklären. Der satirische Ton des Romans entlarvt diese Apologien jedoch oft als brüchig oder selbstgerecht. Die Apologie wird so zum Mittel der Dekonstruktion: Sie zeigt, wie historische Narrative sich selbst legitimieren – und gleichzeitig scheitern.

Boyles Text ist damit weniger eine Apologie im klassischen Sinne als vielmehr eine parodistische Auseinandersetzung mit dem apologetischen Gestus westlicher Entdecker. Wassermusik entwirft keine Heldenrede, sondern eine ironische Revision – eine literarische Antwort auf die Frage: Wer hat das Recht, sich wofür zu rechtfertigen?

Was ist eine Apologie?

Eine Apologie ist die Rechtfertigung und Verteidigung einer Lehre: Der Begriff Apologie stammt aus dem Griechischen (apología) und bedeutet „Verteidigungsrede“. In der Literatur- und Rhetorikgeschichte bezeichnet eine Apologie eine argumentative Rechtfertigung oder Verteidigung einer Person, Handlung, Idee oder Weltanschauung – meist in schriftlicher Form. Anders als die bloße Entschuldigung zielt die Apologie nicht auf Reue, sondern auf die rationale und moralische Rechtfertigung eines Standpunkts oder Verhaltens.

In der antiken Literatur ist Platons „Apologie des Sokrates“ das wohl bekannteste Beispiel. In diesem Werk lässt Platon seinen Lehrer Sokrates die Anklage gegen ihn – wegen angeblicher Gottlosigkeit und Verführung der Jugend – wortgewandt zurückweisen. Die Apologie dient hier nicht nur der Selbstverteidigung, sondern auch der Darlegung philosophischer Grundsätze.

Auch in der christlichen Literatur ist die Apologie zentral: Frühchristliche Autoren wie Tertullian oder Justin der Märtyrer verfassten Apologien, um den christlichen Glauben gegen heidnische Vorwürfe zu verteidigen.

In der deutschen Literatur finden sich apologetische Züge etwa in Lessings „Nathan der Weise“ (Toleranz), in Goethes „Dichtung und Wahrheit“ (Selbstrechtfertigung) oder in Thomas Bernhards Prosawerken, die oft eine polemisch-apologetische Grundstruktur aufweisen. Die Apologie bleibt somit ein vielschichtiges Genre zwischen Verteidigung, Selbstauslegung und Weltdeutung.

 

 

 

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